Kretatour 2014

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Moderator: Steve

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Themenstarter
Dietrich
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Beiträge: 58
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Kretatour 2014

Beitrag von Dietrich »

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Kreta 2014

Mit der GSX nach Kreta? Klar geht das und es kann durchaus eine genussreiche Fahrt sein! Wer allerdings mitteleuropäischen Qualitätsasphalt für sein Glück auf zwei Rädern braucht kann jetzt wegklicken, es sei den, er gehört zu meinen Stammlesern oder er ist noch nicht von der allenthalben grassierenden Forenlegasthenie befallen.

Heraklion. Irgendwo am Kreuzfahrtschiffterminal erspäht das müde Auge ein uns wohlbekanntes Gefährt, dessen geniale Nummernschildbefestigung in Griechenland fast schon Standard ist. Wo wir Deutschen erstarrt in Obrigkeitshörigkeit nur kriminelles Potenzial wittern, findet der Grieche eine überaus blitzersäulenkompatible Lösung, da erscheint der Text auf dem Kennzeichen fast schon prophetisch.

Heraklion, etwas später: Noch während wir mit leichtem Stirnrunzeln die Speisekarte auf russisch zur Kenntnis nehmen, nimmt zwei Tische weiter ein Paar mittleren Alters Platz. Er, klar Alphamännchen. Gespreizter Stelzschritt, Marke Dorfcasanova der frühen Sechziger. Prolo-Uhr, Kreuzung aus Businesshemd und Holzfällerkaro in blau. Sie in knallrotem Jogging-Outfit von Nike, Adidas und Co. Bindegewebe im Endstadium. Insgesamt also eher peinlich. Jetzt macht die Speiskarte Sinn. Als Vorspeise ein Riesenteller Pommes. Die lukullische Abrundung mittels Salz-und Pfefferstreuer übernimmt er: mit weit ausladenden Bewegungen entleert sich fast der gesamte Inhalt der Streuer über die unschuldigen Pommes frites, anschließend gibt’s Pizza satt. Dazu Amisekt und Bier.

Elafonisi. Touristengrill, sonnenölgetränkter Korallensand unterschiedlichster Farbnuancen in der Lagune. Im Outback die üblichen Kampf-FKKler mit Pavianenärschen. Der Baywatcher schlägt alle 10 Minuten auf eine gigantische Pauke und ruft in gefühlten 75 Sprachen über den Strand „Bitte wenden“. Zwei Liegen mit Schirm 7 €, laues Lüftchen inclusive. Wehe, wenn letzteres mal einschläft, dann liegt sofort ein fauliger Geruch über der Bucht, es müffelt nach Mensch, Sonnenöl und faulen Eiern. Hautarzt ahoi, hab ich schon nen Sonnenstich?

Berufspendlern in der Rushhour gleich bewegt sich der Zug der Mietwagen vormittags von den Ressorts an der Nordküste zu den einschlägig bekannten und all überall in den Touristenhochburgen angepriesenen Attraktionen Kretas. Seien dies nun Strände mit Südsee-feeling, Schluchtenbegehungen mit Vulture-watching oder Zeugnisse kultureller Art. Der Bogen nennenswerter Überbleibsel spannt sich vom Neolithikum über die minoische Kultur, römischen, fränkischen, venezianischen und auch osmanischen Hinterlassenschaften bis hin zu Bauten klassizistischer Prägung. Danach stellt sich allmählich die allerorts vertretene griechische Betonbelanglosigkeit ein. Einige Touristendomizile üben sich in postmodernem Kitschismus indem sie ein kubisches Gulasch bunt wie die Ostereier an felsige Gestade setzen, hier wird die Mobilität per Mietfahrzeug zum unabdingbaren Zwang.

Das Straßennetz auf Kreta hat sich seit meiner 1. Reise (1983) dorthin kontinuierlich weiterentwickelt. Und selbst jetzt, im Zeichen der Wirtschaftskrise, reibt man sich gelegentlich verwundert die Augen wenn man plötzlich und unvermutet irgendwo auf dem Lande auf eine nagelneue Straße stösst, die zu irgendeinem bedeutungslosen Dorf führt, unweit verläuft nahezu parallel die Hauptverbindungsstrasse. Zwar noch für den Verkehr gesperrt wird erstere jedoch nach Landessitte schon wie selbstverständlich befahren. Bei solchen Verhältnissen kann das Navi naturgemäß nur so gut funktionieren, wie es das ihm zugrunde liegende Kartenwerk zulässt. Der Rechenalgorhitmus läuft dann völlig Amok, wenn irgendwelche kaum wahrnehmbaren Verbindungswege als Hauptverbindungsstrassen im Kartenwerk verankert sind. Weder das Garmin noch das Tomtom konnten hier überzeugen. Auch die verschiedenen Straßenkarten sind nicht frei von Ungenauigkeiten und Fehlern. Also ist ein gesunder Orientierungssinn und gelegentliches Fragen mitunter hilfreicher und hat durchaus auch seine schönen Seiten.

Ein Wasseruhrenbaumstillleben am Wegesrand. Die kreative Leistung der frei von jedweder handwerklicher Solidität handelnden Installateure hat mich neugierig gemacht. Ich befühle die schwarzen Kunststoffschläuche: es strömt und fließt. Ich klappe den Deckel hoch und blicke auf das bekannte Bild der Durchflussanzeigen, nichts dreht sich. Nach und nach klappe ich alle Deckel hoch, totaler Stillstand. Und die allermeisten Schläuche pulsieren! Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Vor dem geistigen Auge taucht das Bild eines EU-Kommissars auf, der, ermüdet vom vielen Vorschriftenentwerfen, mit dem Kopf auf der Schreibtischplatte ins Koma fiel.
Wer hat nun mehr meine Sympathie? Der Kreter, der den Staat betrügt, im Vergleich zu uns Deutschen aber immer noch einen wesentlich geringeren pro Kopf Wasserverbrauch hat, seinen Olivenhain bewässert und somit produktiv ist, oder der EU-Kommissar, ebenfalls durch meine Steuern ordentlich finanziert und allem Anschein nach doch völlig ineffizient.

Hippierelikte und hängengebliebene Alt-68er, zerrissen im Konflikt von Aussteigertum und realen Abhängigkeiten, blasse Existenzen zwischen den Oboli der Touristen und einer Stammkundschaft faschistoider kretischer Bauerntölpel, deren Subventionsabgreifschläue konträr zur Naturbewahrerattitüde der Gutmenschen ist. Bob Dylan, Janice Choplin auch Jimmy Hendrix sollen hier gewesen sein. Sie verleihen dem Flower-Power-Aussteiger Image von Matala immer wieder Nahrung zur Mystifikation. Der Nimbus von Weltenbummlern und Aussteigern mit ihren Ikonen wabert durch die neuerlichen Events, alles lässt sich vermarkten.

Wer seinen Katzanzakis durch hat und plichtgemäß die Drehorte von Alexis Zorbas aufgesuchte, darf sich auch mal sekundärer Belletristik widmen. Zunehmend finde ich Gefallen am Aussteigerroman „Die Bucht“ von Raoul Stahn, dessen adjektivische Bemühtheit mir anfänglich tierisch auf den Wecker ging, aber was soll´s, daß Mallorca-Pflicht-Epos „Insel des zweiten Gesichts“ des Vigoleis v.Thelen ist ja auch eher zäh und schwerverdaulich, unterm Strich aber weitaus lohnender als z.B.Rosamunde Pilchers Dünnaufgüsse zu Cornwall.

Speisekarten für Analphabeten. In Folie gepackt. Von der Sommersonne ausgeblichene Abbildungen der einschlägig bekannten Gerichte: Fleischspieße, Auberginen, Hammelkoteletts und Meeresgetier. Und doch, es gibt sie noch und gelegentlich auch wieder, die in den Reiseführern so blumenreich beschriebene mediterrane Küche, die von der frische und Qualität der Zutaten und ganz besonders von der raffinierten Kombination ihrer Gewürze lebt. So kann selbst ein „einfaches“ Gericht aus „Saubohnen“ (Gigantes) zum Gaumenerlebnis werden.

Wer Griechenland bereist, ohne jemals ein Kafenion aufgesucht zu haben,muß sich mit Fug und Recht als ignorant bezeichnen lassen, denn dies ist neben der Taverne die Urform des griechischen Gasthauses, eine Institution! Allein der Zubereitung des griechischen Kaffees beizuwohnen ist für uns Automatenespressogewohnte Mitteleuropaer eine akustische und olifaktorische Bereicherung. Abgerundet wird das ganze noch durch reichlich Kaffeesatz im Maul, trinkt man gewohnheitsmäßig aus. Zum Trost hat man ja das obligatorische Glas Wasser dazu.

Die Insel am Südrand Europas, von ihren Einwohnern auch gern als Kontinent bezeichnet polarisiert, sie ist eine Insel der Extreme. Eine Flutwelle aus Charterflug/Mietwagentouristen nimmt erneut Anlauf, ihren Charakter endgültig zu vernichten, auch ist die Internationalisierung des touristischen Publikums, wie sollte es anders sein, an Kreta nicht spurlos vorüber gegangen.
Dort wo die Insel Ihren Charakter und ihre herbe Schönheit entfaltet:
Windräder, Entvegetarisierung, Wasserspeicher, Teerstraßen, Zersiedelung!
Die Eurosubventionsziege auf ihrem Vernichtungszug gegen jedwede Vegetation hinterlässt final eine Mondlandschaft.
Unbeugsamer Stolz, Rebellentum gegen Fremdbestimmung oder traditionalistische Sippenwirtschaft bis zur Kriminalität, auch hier kommt´s auf die Sichtweise an. Beliebtes Refugium für Weltenbummler oder Duldungsort für gescheiterte Existenzen?
Stolze Jäger mit ihren Jagdhunden oder tierquälende Ballermänner die Zugvögel ausrotten.
Die Liste der Widersprüchlichkeiten ließe sich fast beliebig erweitern.
Aber auch gastfreundliche, entspannte Menschen, die nicht alles so eng sehen und das Leben genießen.
Und, wer zudem noch Ideen hat und sich ein wenig antizyklisch verhält, der kann diese Insel durchaus als lohnendes Reiseziel erleben und genießen!

Gruß
Dietrich
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Greatgonzo
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Greatgonzo »

Feine Bilder ,vor allen Dingen das 2.! ;) Sieht aus ,als wenn man besser das Wasser abkocht bevor man es trinkt. Aus deiner Beschreibung kann man entnehmen ,das jeder damit rechnen muss ,etwas von seiner "normalen" Lebensgewohnheit abzukommen . Aber wenn ich in diese Gegend fahre ,muss ich damit rechnen und erwartet es auch etwas. Es ist auch irgendwie reizvoll! :thumbup:
Sonst bucht man am besten irgend einen Ferienclub.

Gruß
Ingo
Auszeichnungen und Preise sind wie Hämorrhoiden. Früher oder später bekommt sie jedes Arschloch.
Billy Wilder

Nicht jeder ,der dich Freund nennt ,ist auch einer.
Ist von mir!

Info by :
Ingo ist am 09.03.2018 von uns gegangen.
R.I.P. Ingo !

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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Klausgsx1400 »

:clap: wie immer eine unterhaltsame tourenbeschreibung der positiven art :thumbup: ein schelm wer böses dabei denkt :lolno: klasse geschrieben, bitte mehr davon :clap: :thumbup:
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Thomas T.
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Thomas T. »

:clap: :lol: :lol: :lol: :lol: :thumbup: :wave:
Gruß Thomas
STOPT die Straßenverkehrsordnung Sie behindert meinen Fahrstil
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Steve
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Steve »

Feiner Bericht und interessante Fotos :thumbup:
Ich habe nicht versagt. Ich habe nur 10000 Wege gefunden, die nicht funktionieren. - Thomas A. Edison

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Atschy
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Atschy »

das hast Du klasse beschrieben, da kommen Erinnerungen in mir hoch, und ich muss sagen, eine Reise mit dem Motorrad dorthin kann oder wird zum Abenteuer, die Straßen auf Kreta sind wirklich etwas besonderes :o
Gruß Atschy

Ich bin anders als vermutet, selten wie erwartet und erst recht nicht, wie andere es gern hätten
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Georg
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Georg »

Einfach nur Klasse :thumbup: :thumbup: :thumbup:

Gruß
Georg
Fordere viel von dir und erwarte wenig von anderen. So wird dir viel ärger erspart bleiben. (Konfuzius, chin. Philosoph, 551-479 v. Chr.)

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Dietrich
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Dietrich »

Zunächst vielen Dank für so viel Lob. Aber Reiseberichte –Klaus- kann man nur schreiben, wenn man auch eine Reise gemacht hat. Und irgendwann muß ich ja auch mal ein bisschen zu Hause rumwurschteln. Obendrein sehe ich den Sinn solcher Berichte darin, dass sie dazu animieren, ebenfalls die eine oder andere Tour anzugehen. Sicher werde ich auch nächstes Jahr mit meinen Standardkumpels wieder etwas unternehmen. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen -entsprechendes Interesse vorausgesetzt- eine Balkan/Griechenlandtour zu organisieren (die natürlich GSX kompatibel ist), da ich diesbezüglich doch schon über einige Erfahrung verfüge. Zeitlich bin ich sehr flexibel, nur die Gesamtdauer einer Tour sollte nicht weniger als 2 Wochen sein. Lasst mal hören!

Gruß
Dietrich

Atschy
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Re: Kretatour 2014

Beitrag von Atschy »

Dietrich hat geschrieben:Zunächst vielen Dank für so viel Lob. Aber Reiseberichte –Klaus- kann man nur schreiben, wenn man auch eine Reise gemacht hat. Und irgendwann muß ich ja auch mal ein bisschen zu Hause rumwurschteln. Obendrein sehe ich den Sinn solcher Berichte darin, dass sie dazu animieren, ebenfalls die eine oder andere Tour anzugehen. Sicher werde ich auch nächstes Jahr mit meinen Standardkumpels wieder etwas unternehmen. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen -entsprechendes Interesse vorausgesetzt- eine Balkan/Griechenlandtour zu organisieren (die natürlich GSX kompatibel ist), da ich diesbezüglich doch schon über einige Erfahrung verfüge. Zeitlich bin ich sehr flexibel, nur die Gesamtdauer einer Tour sollte nicht weniger als 2 Wochen sein. Lasst mal hören!

Gruß
Dietrich
ich bin Neugierig :thumbup:
Gruß Atschy

Ich bin anders als vermutet, selten wie erwartet und erst recht nicht, wie andere es gern hätten
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